Profangeschichten oder Bibel-Geschichten

Immer wieder taucht die Frage auf, welche Geschichten man im Fiire mit de Chliine erzählen soll. Lieber eine sogenannte Profangeschichte, eine Geschichte also, die nicht explizit eine biblische Erzählung aufnimmt, erzählen oder lieber eine Bibel-Geschichte?

Darüber gehen die Meinungen auseinander: Die einen finden biblische Geschichten zu schwierig, zu brutal, zu altbacken, zu langweilig zu abgedroschen usw., andere finden, dass es doch gerade Aufgabe kirchlicher Angebote ist, biblische Geschichten zu tradieren. Häufig wird das eine gegen das andere ausgespielt. Wir sind der Meinung, dass beides seine Berechtigung hat. Denn wenn es um Profangeschichten geht, dann sind diese selten in dem Sinne profan, dass sie einfach nur banal sind. Sie nehmen zwar Alltägliches auf, doch meist derart, dass sie hinter dem Alltäglichen existenzielle Fragen freilegen. So gesehen sollte man nicht von Profangeschichten sprechen, sondern besser von religiösen Geschichten in einem weiteren Sinn. Biblische Geschichten sind dann christliche Tradition und enthalten dann religiöse Aspekte im engeren Sinn. Wichtig ist die Unterscheidung von religiös und christlich, die häufig leider synonym gebracht werden.
Religiöse Geschichte im weiteren Sinn übernehmen in einer pluralen und multireligiösen Gesellschaft
mehrere Funktionen:

  • ermöglichen Begegnung
  • geben Einblick in Kulturen und Religionen
  • sie bewirken, dass jemand in die Gemeinschaft eingebunden wird
  • sind horizonterweiternd
  • sind identitätsbildend.

Religiöse Geschichten im engeren Sinn, also christliche Traditionen und damit biblische Geschichten
erfüllen all diese Funktionen auch. Sie sind aber vor allem auch identitätsbildend vor dem Hintergrund
der eigenen Tradition. Die Funktionen werden heute immer weniger durch ein prägendes christliches
Milieu übernommen, sondern sind vermehrt Aufgabe einzelner Personen wie Katechetinnen oder
Freiwillige im religionspädagogischen Arbeiten.
Neben der inhaltlicher Qualitätskriterien und Kriterien an die Bildgestaltung lassen sich auch
theologisch-religionspädagogische Kriterien für die Auswahl der Geschichten anlegen:

  • Eröffnen die Geschichten religiös bedeutsame Erfahrungen und Fragen, indem sie gleichzeitig an der Erfahrungswelt der Kinder anknüpfen? z.B. Erfahrungen des Vertrauens und der Geborgenheit oder andererseits Verlust- und Trennungsängste
  • Werden religiös-ethische Herausforderung der Gesellschaft oder des Zusammenlebens verdeutlicht? z.B. Umweltproblematik oder Migration
  • Bieten die Geschichte genügend Anregungen um über den Zusammenhang von Glauben und Handeln zu sprechen? z.B. Persönlichkeiten, die aus dem Glauben heraus handeln
  • Fördern die Geschichten die Deutungs- und Urteilskompetenz der Kinder?
  • Fördert die Geschichte die religiöse Sprachkompetenz?
  • Gibt die Geschichte einen authentischen Einblick in die religiöse Pluralität der modernen Welt und fördert sie somit die Pluralitätsfähigkeit?

Die Frage, ob Profan- oder Bibelgeschichte ist letztlich nicht pauschal zu beantworten und auch nicht
gegeneinander auszuspielen. Letztlich kommt es darauf an, was in einer Feier an Botschaft
transportieren will. Darum empfehlen wir immer bei jeder Geschichte den biblischen Bezug
herzustellen. Er „zwingt“ dazu sich der transzendental-religiösen Dimension bewusst zu werden und
bewahrt einen davor, einfach nur eine „nette Geschichte“ zu erzählen. Das würde dem Anspruch einer
gottesdienstlichen Feier nicht gerecht.
verwendete Literatur:

  • Birgit Deiss-Niethammer, Religionspädagogik im multireligiösen Kontext in: Reiner Möller/Reinmar Tschirch (Hg.), Arbeitsbuch Religionspädagogik für ErzieherInnen, 6. Aufl. 2014, Stuttgart, Kohlhammer-Verlag, 149-194.
  • Reinmar Tschirch, Mit Kindern lesen: Religion in Kinderbüchern, in: ebd. 250-260.
  • Mirjam Zimmermann/Christian Butt, Bilderbuchstunden. Bilderbücher für religiöse Bildungsprozesse in Kindergarten, Grundschule und Sekundarschule, 2016, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Mirjam Zimmermann, Ganzschriften, Kinder- und Jugendliteratur https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100132/